Geschichte

150 Jahre Ringbahn - was für ein Jubiläum!

Ein Blick auf die bewegte Geschichte der Strecke ohne Ende

Blick von der Badstraßenbrücke auf die Gleisanlagen des Bahnhofs Gesundbrunnen im Dezember 1979.
Blick von der Badstraßenbrücke auf die Gleisanlagen des Bahnhofs Gesundbrunnen im Dezember 1979. Am Bahnsteig fährt gerade ein Zug in die Kehranlage der S-Bahn. Und im Hintergrund ist ein S-Bahn-Zug der Nord-Süd-Strecke zu erkennen. Bis heute überspannt die 228 Meter lange Swinemünder Brücke den Kreuzungsbahnhof.

Im vorletzten Jahrhundert, genauer gesagt am 17. Juli 1871 war es soweit! Der erste zweigleisige Abschnitt der Berliner Ringbahn ging nach vier Jahren Bauzeit zwischen Moabit und Schöneberg in Betrieb. Wenn auch noch nicht unter diesem Namen, sondern als „Verbindungsbahn“ und natürlich mit weit weniger Stationen als den heutigen 27. Zunächst verkehrte auch  nur der Güterverkehr bis dann ein Jahr später der Personenverkehr folgte.

Heute gibt es Podcasts, die in der Ringbahn spielen („Eine Runde Berlin“, Tagesspiegel Checkpoint – wir berichteten hier) und ganze Bücher, die sich mit ihrer Geschichte beschäftigen.

Die Ringbahn verbindet einfach – die Stadtteile, die Verkehrslinien und nicht zuletzt die Menschen Berlins!

Eine Grafik der Berliner Ringbahn mit all ihren Haltestellen
Eine Grafik der Berliner Ringbahn mit all ihren Haltestellen
Sven Heinemann

Ein Gespräch mit Ringbahn-Buchautor Sven Heinemann

Sven Heinemann (42) ist SPD-Politiker und Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. In seiner Freizeit recherchiert er leidenschaftlich gerne zu historischen Themen rund um die Eisenbahn. Er publizierte bereits ein Buch zum „Mythos Ostkreuz“ und diverse Ausgaben des Eisenbahnkalenders der S-Bahn Berlin. Sein neuestes Buch „Die Berliner Ringbahn – Die Geschichte der legendären Eisenbahnstrecke 1871 bis heute“ erscheint am 27. Juli.

Wir sprachen mit ihm über Bedeutung und Faszination Deutschlands einziger Eisenbahnstrecke ohne Endstation.

Herr Heinemann, pünktlich zum 150-jährigen Jubiläum erscheint Ihr Buch „Die Berliner Ringbahn – Die Geschichte der legendären Eisenbahnstrecke 1871 bis heute“. Woher kommt Ihre Faszination für die Eisenbahn?

Sven Heinemann: Von Kindesbeinen an bin ich ein glühender Eisenbahn- und Modellbahn-Fan. Heute ist es vor allem die Faszination für Technik, Bauen und Stadtentwicklung. Die unterschiedlichen Designs und Sounds bei der Eisenbahn faszinieren mich. Das ist auch bei der Berliner S-Bahn so: Ich mag den Sound und das Aussehen der alten Stadtbahnen oder der Baureihe 485 genauso wie das moderne Erscheinungsbild und die Laufruhe der neuen Serie 483/484. Die Techniksprünge sind grandios.

Wie entstand die Idee zu Ihrem neuen Buch?

Sven Heinemann: Bereits 2018 habe ich für die Verlagsgruppe Bahn den Bestseller „Mythos Ostkreuz“ geschrieben. Das war mein erstes Eisenbahnbuch. Da habe ich Blut geleckt. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und recherchiere sehr gerne Neues. Gerade auch vor allem Alltagsbilder aus vergangenen Zeiten. Das ist für mich pure Abwechslung vom Politikalltag. Das große Ringbahnjubiläum lag ja auf der Hand und ich habe festgestellt, dass es zur Berliner Ringbahn bisher gar kein umfassendes Buch gab.

Buchcover: "Die Berliner Ringbahn"

Vor 150 Jahren wurde die Berliner Ringbahn in Betrieb genommen, 41 Jahre davon war sie durch die innerdeutsche Grenze zwischen Berlin und der DDR unterbrochen. Dieses 336-seitige Standardwerk von Sven Heinemann geht tief in die Geschichte der Strecke ein, beschreibt interessante Details zur Strecke und wartet mit ca. 400 Abbildungen auf.

Preis: 49,99 € (oder hier gewinnen - bis zum 13.8.2021)

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Ein neuer S-Bahn-Zug der Baureihe 483/484 auf Testfahrt am Bahnhof Gesundbrunnen im Jahr 2020.
Ein neuer S-Bahn-Zug der Baureihe 483/484 auf Testfahrt am Bahnhof Gesundbrunnen im Jahr 2020.

Was macht den Ring aus Ihrer Sicht so einzigartig spannend?

Sven Heinemann: Die Ringbahn steht wie keine andere Bahn für den rasanten Aufstieg Berlins zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert. Neben sehr unterschiedlichen Wohnquartieren entstehen damals parallel zum Schienenstrang verschiedene, teilweise atemberaubende Industriestandorte. Und die Geschichte der Ringbahn ist eng mit der wechselvollen Historie der Hauptstadt in den vergangenen 150 Jahren verbunden. Das ist viel spannender Stoff, der teilweise auch noch wiederentdeckt werden will.

Und was bedeutet die Ringbahn für Sie persönlich?

Sven Heinemann: Eine Runde Ringbahn bedeutet, Berlin kennenzulernen und zu verstehen. Die Fahrgäste auf den verschiedenen Bahnabschnitten sind genauso bunt wie Berlin selbst. Eine Reise auf dem Ring führt vorbei an Villenkolonien und an Wohnsiedlungen nach sozialistischem Vorbild, vorbei an Industriepalästen und an Bauten unserer Zeit. Genauso  unterschiedlich sind die Berliner Bezirke und ihre Ortsteile, die der Ring verbindet. Berlin fliegt bei einer Umrundung der Stadt mit der Ringbahn in knapp einer Stunde nur so vorbei. In 60  Minuten von Ostkreuz bis Ostkreuz einfach nur die Stadt und die Menschen beobachten zu können, finde ich toll.

Herr Heinemann, weiterhin viele tolle Beobachtungen auf dem Ring und vielen Dank für das spannende Gespräch.

  • Anzahl der Stationen: 27
  • Länge der Strecke: 36,9 Kilometer
  • Dauer einer Rundfahrt: 60 Minuten
  • Zugfahrten pro Tag: rund 1.100
  • Mitfahrende pro Tag: rund 500.000 (vor der Pandemie)
1838

Wie alles begann

29. Oktober: Die erste Berliner Eisenbahnstrecke (nach Potsdam) wird eröffnet.

1871

Berlin verbunden

17. Juli: Inbetriebnahme des ersten Teilstücks der Ringbahn (damals noch „Verbindungsbahn“) zwischen Schöneberg und Moabit

1873

Vier gewinnt

Gesetz zur Vollendung und viergleisigem Ausbau der „Verbindungsbahn“

1874

Ein voller Erfolg

Schon 1,4 Millionen Menschen nutzen die „Verbindungsbahn“.

1877

Eine Runde Berlin

15. November: Ringschluss mit der Inbetriebnahme der Strecke von Schöneberg über Charlottenburg (jetzt: Bahnhof Westend) nach Moabit. Der Name Ringbahn wird geläufig und eine Vollringfahrt dauert 70 Minuten.

1891

Günstig, nicht billig

Einführung eines preiswerten Tarifsystems: Das Fahrgastaufkommen steigt innerhalb eines Jahres um 30 Prozent auf 31 Millionen S-Bahnfahrende.

1928 - 1929

Unter Strom

Etappenweise Elektrifizierung des Rings

Ab 1942

Der Ring zerbricht

Kriegsbedingte Einschränkungen bis zur vollständigen Einstellung am 25. April 1945

1946

Wie Phönix aus der Asche

8. Februar: Vollringzüge verkehren wieder

1961

Der Ring zerbricht (wieder)

Ab 13. August: Durch den Mauerbau kein Ringbahnverkehr mehr zwischen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen sowie zwischen Treptower Park und Sonnenallee. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Willy Brandt ruft zum Boykott der (von der Deutschen Reichsbahn betriebenen) S-Bahn auf.

1980

Im Westen ringlos

September: Der West-Berliner S-Bahnstreik führt zur Einstellung des Ringbahnverkehrs in West-Berlin.

1989

Zusammen, was zusammen gehört

9. November: Nach dem Mauerfall und der später folgenden Wiedervereinigung wird der erneute Ringschluss angepeilt.

1993

Die Hälfte ist geschafft

17. Dezember: Wiederinbetriebnahme des Südrings (zwischen Baumschulenweg und Westend)

2002

Wedding Day

15. Juni: Ringschluss nach 41 Jahren unterbrochener Strecke

2021

Generationswechsel

1. Januar: Die neueste Baureihe 483/484 verkehrt auf der Ringbahn, wenngleich vorerst nur auf der S47 zwischen Hermannstraße und Neukölln. Ab 2023 dann auch auf der S41 und S42.

Ein Zug der Baureihe 275 steht im Oktober 1978 am Bahnhof Beusselstraße in Richtung Westhafen zur Abfahrt bereit.
Ein Zug der Baureihe 275 steht im Oktober 1978 am Bahnhof Beusselstraße in Richtung Westhafen zur Abfahrt bereit. Zu dieser Zeit ist auch der rechts liegende Güterbahnhof Moabit noch in Betrieb. In der Aufstellgruppe der S-Bahn ist ein Peenemünder Steuerwagenviertelzug zu erkennen, der damals von Beusselstraße nach Spandau West verkehrt.

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