Lokführer seit fast 40 Jahren
„Ich liebe alte Technik!“ - Lokführer Hardy Schulz erinnert sich an bewegte Momente. Ein Porträt.
„Wetten beim 100. bin ich auch noch dabei?“ Dieses Versprechen hat Hardy Schulz zum 80. Jubiläum der S-Bahn gegeben und gehalten. Heute wie damals ist der Lokführer auf den Schienen der Hauptstadtregion unterwegs – und hat tatkräftig mit angepackt, um die Geburtstage der Rot-Gelben vorzubereiten.
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Bei der „Parade der Stars“ fuhr Hardy Schulz als Lokführer im S-Bahnhof Olympiastadion ein. Mit ihm kamen viele rollende Geburtstagsgäste an der Station an – eine „Show der Extraklasse“ berichtete der Sender Freies Berlin begeistert.
Zu den Gratulanten gehörten zum Beispiel Züge aus Hamburg oder Hannover. Aber auch Fahrzeuge aus der Berliner S-Bahn-Geschichte durften nicht fehlen.
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Heute ist die Mutter aller S-Bahnzüge längst im Ruhestand. Eine Hälfte des Fahrzeugs ist im Berliner Technikmuseum zu sehen (am 01.12. kann man einen S-Bahnwagen von 1936 sogar von innen besichtigen). Die andere gehört dem Verein Historische S-Bahn in Erkner, in dem sich der 55-Jährige seit 1991 engagiert.
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Hardy Schulz erzählt weiter: „Es ist faszinierend, wie intelligent die Menschen vor 100 Jahren waren. Bereits damals haben sie Züge gebaut, die mithilfe von Mechanik, Elektrik und Druckluft mehr oder wenig automatisch gefahren sind – und heute noch funktionieren. Da braucht es keine Software-Updates.“
Per Hand drückten die Lokführer einen Knopf im Führerstand. Dadurch berührten sich Kupferdrähte, Strom floss – und der Zug fuhr los. Wollte der Lokführer die Fahrrichtung ändern, drehte er einen großen schweren Messingschlüssel nach rechts oder nach links. Von einem ehemaligen Kollegen hat Hardy Schulz einen solchen Schlüssel geerbt. „Früher wurden diese von Eisenbahner-Generation zu Eisenbahner-Generation weitergegeben. Ich halte ihn in Ehren.“ Für echte Fans seien solche alten Stücke wertvoll wie „Goldstaub“.
Bei der S-Bahn Berlin arbeitet Hardy Schulz seit 1985. Angefangen hat alles mit einer Lehre als Elektriker in Schöneweide. „Danach habe ich ,meinen Lokführer gemacht` und bin in den vergangenen Jahrzehnten auf verschiedensten Zügen in Berlin gefahren – vom Stadtbahner mit den alten Holzbänken über die Baureihe 485, die vergangenes Jahr in den Ruhestand gegangen ist, bis zur jüngsten Baureihe 483/484.“
Würden neue Baureihen auf die Schiene geschickt, gebe es zu Beginn oft Kinderkrankheiten, meint der 55-Jährige. Von der 483/484 war er jedoch von Anfang an überzeugt. „Ihre Technik unterstützt uns auf vielerlei Weise bei unserer Arbeit.“ Per Tablet oder Computer könne man dem abgestellten Zug etwa nachts aus der Ferne den digitalen Befehl geben, sich für die Fahrt fertig zu machen und einen Check der Bremsen durchzuführen. „Früher musste ich das selbst machen, bevor es in der Frühschicht losgehen konnte. Jetzt erledigt der Zug das von allein.“
Fährt er auf seinem Zug los, fühlt sich das für Hardy Schulz auch nach fast 40 Jahren nach Freiheit an.
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Nach Dienstschluss kann er komplett abschalten. „Ich nehme meine Arbeit nicht im Kopf oder im Handy mit nach Hause wie vielleicht manche, die im Büro arbeiten.“
Was wünscht er sich für die Zukunft der S-Bahn? „Dass die Rot-Gelbe weiterhin Teil der Stadt bleibt und die Berlinerinnen und Berliner sicher und zuverlässig von A nach B bringt.“ Und natürlich möchte der Lokführer auch beim 110. Jubiläum als S-Bahner mitfeiern: „Das klappt. Wetten, dass …?“