Sauberkeit | Unternehmen

Wie ein Mega-Staubsauger Müll von den Gleisen holt

Nach der Party ist vor dem Aufräumen: mit Technik und Handarbeit gegen Müllberge

Das „Vakmobile“ saugt kleinteiligen Müll von Gleisen und Schotter.
Das „Vakmobile“ saugt kleinteiligen Müll von Gleisen und Schotter.

Wie eine riesige blaue Raupe windet sich der Schlauch des „Vakmobile“ langsam über die Gleisanlage beim S-Bahnhof Warschauer Straße. In seinem Inneren bewegen sich Scherben, Zigarettenstummel, Spritzen, Chipstüten, Eisverpackungen und anderer Unrat langsam nach oben. Der Müll wird von dem kastenförmigen Staubsauger verschluckt und geschreddert. Das Gerät steht auf einem Arbeitszug, der das „Vakmobile“ extra von Rummelsburg hergefahren hat.

Wird hier nachts Party gemacht, finden wir am nächsten Morgen die Reste. Die Leute laufen auf der Brücke vorbei und werfen ihren Müll achtlos hinunter auf die Gleise.

Tim Brouwer Projektleiter bei DB Netz

Passt der Müll nicht durch die breite Öffnung des Saugrohrs, müssen die Gleisreiniger:innen per Hand ran. Acht sind heute unterwegs. Mit ihren Greifzangen und Müllsacken arbeiten sie sich Stück für Stück voran.

DB Gleisreiniger Marcus Zehle vor einfahrender S-Bahn am S-Bahnhof Warschauer Straße.
DB Gleisreiniger Marcus Zehle vor einfahrender S-Bahn am S-Bahnhof Warschauer Straße.
Gewappnet mit Greifzange und Müllsack arbeitet sich DB-Gleisreiniger Thilo Plath Stück für Stück voran.
Gewappnet mit Greifzange und Müllsack arbeitet sich DB-Gleisreiniger Thilo Plath Stück für Stück voran.
(von links): DB-Konzernbevollmächtigter Alexander Kaczmarek, Verkehrsstaatssekretärin Dr. Meike Niedbal und S-Bahnchef Peter Buchner
(von links): DB-Konzernbevollmächtigter Alexander Kaczmarek, Verkehrsstaatssekretärin Dr. Meike Niedbal und S-Bahnchef Peter Buchner

An diesem Tag ist unser Reinigungstrupp mit prominenter Unterstützung unterwegs: Verkehrsstaatssekretärin Dr. Meike Niedbal, DB-Konzernbevollmächtigter Alexander Kaczmarek sowie S-Bahnchef Peter Buchner packen mit an und machen sich ein Bild von dem bunten Sammelsurium neben den Gleisen: Spielkarten, Sekt- und Schnapsflaschen, T-Shirts, Milchtüten – sogar eine kaputte Mikrowelle liegt im Gras. Dazu ein Einkaufswagen, mehrere E-Roller und Mietfahrräder.

Berlin hat überall ein riesiges Vermüllungsproblem, das betrifft auch die Bahn. Pro Jahr gibt allein die DB einen mittleren sechsstelligen Betrag für die Gleisreinigung in der Hauptstadt aus.

Peter Buchner S-Bahnchef

Das Problem könne die Bahn jedoch nicht allein lösen, da müsse man gemeinsam mit der Stadt und dem Senat eine Lösung finden. Zum Beispiel durch bauliche Barrieren oder Mülleimer an Brücken. Denn ist der Unrat erst einmal auf den Trassen gelandet, wird es teuer und kompliziert. Werden die S-Bahngleise während der nächtlichen Betriebspausen gereinigt, müssen dafür extra die Gleise gesperrt und die Stromschienen abgestellt werden. Eine aufwändige Sache.

DB-Gleisreiniger:innen Teamfoto mit dem „Vakmobile“ und vor dem S-Bahnhof Waschauer Straße.
DB-Gleisreiniger:innen Teamfoto mit dem „Vakmobile“ und vor dem S-Bahnhof Waschauer Straße.

Insgesamt säubern die Reinigungstrupps jährlich an 80 Bahnsteigkanten die Gleise. Mehr als 30.000 Liter Unrat werden sie dabei 2022 mit dem Sauger wegräumen; der von Hand gesammelte Müll kommt noch dazu. Hotspots im Berliner S-Bahnnetz sind neben der Warschauer Straße folgende Bahnhöfe: Baumschulenweg, Treptower Park, Bornholmer Straße, Hermannstraße, Sonnenallee, Wedding, Schönhauser Allee, Frankfurter Allee und Neukölln.

Unser 'Vakmobile' ist eine wichtige Hilfe, um den kleinteiligen Müll an den Stationen zu entfernen.

Tim Brouwer Projektleiter bei DB Netz

Das Gerät französischer Bauart ist bislang das einzige, das in Deutschland eingesetzt wird. Aber auch in New York wird es genutzt, um den Schmutz aus den U-Bahngleisen zu saugen.

DB-Gleisreiniger Björn Lucke fixiert den Saugrüssel des „Vakmobiles“.
DB-Gleisreiniger Björn Lucke fixiert den Saugrüssel des „Vakmobiles“.
Das Gerät französischer Bauart ist bislang das einzige, das in Deutschland eingesetzt wird.
Das Gerät französischer Bauart ist bislang das einzige, das in Deutschland eingesetzt wird.

Sein Einsatz reicht jedoch längst nicht aus, denn kaum haben die Gleisreiniger: innen eine Station gesäubert, geht es wieder von vorne los mit dem Müll.

Für den Bahnhof Warschauer Straße haben wir eine Woche gebraucht. Da ärgert man sich schon, wenn einige Tage später wieder lauter Schmutz rumliegt.

Thilo Plath Vorabeiter des Putztrupps

Damit die Bahn zukünftig auch im laufenden Betrieb Tag und Nacht Müll von den Gleisen holen kann, wird derzeit ein neues Reinigungsfahrzeug entwickelt.

So was gibt es nicht von der Stange. Wir lassen eigens einen Spezialwagen bauen, der mit den Berliner Gleisanlagen kompatibel ist und den Müll automatisch an seiner Unterseite aufnehmen kann. Zurzeit läuft dafür die Ausschreibung.

Tim Brouwer Projektleiter bei DB Netz

Anders als beim „Vakmobile“ muss künftig dann nicht mehr die Strecke gesperrt werden. Ab 2026 wird das neue Fahrzeug über die Schienen der Hauptstadt saugen. Etwa drei Viertel des Aufwands lässt sich so einsparen.

Vielleicht bringt mancher Fund zumindest ein bisschen Glück.
Vielleicht bringt mancher Fund zumindest ein bisschen Glück.

Bis es soweit ist, hat das Reinigungsteam noch viel mit dem Kampf gegen den Müll zu tun. Vielleicht bringt mancher Fund zumindest ein bisschen Glück: „Hier habe ich einen Cent gefunden“, lacht Plath und schwenkt die Münze mit seiner Greifzange durch die Luft.

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