Wie kommt der Fernsehturm in die S-Bahn?
Einige Züge unserer Baureihe 485 haben ein besonderes Berlin-Innendesign. Wie es dazu kam.
Baureihe mit Geschichte
Unsere ursprünglich noch zu DDR-Zeiten konzipierte Baureihe 485 hat im Laufe ihrer Geschichte schon so einige Veränderungen mitgemacht. Die augenscheinlichste fand wohl statt, als die im Volksmund „Cola-Dosen“ genannten Wagen ihre charakteristische rote Lackierung mit anthrazitfarbenem Fensterband gegen die traditionellen S-Bahnfarben bordeauxrot-ocker eintauschten.
Kampf dem Graffiti
Aber auch im Inneren hat sich seit der ersten Serienauslieferung der Wagen so einiges getan. Damals prägte mit dunkelgelben/grünlichen (später grauen) Innenwänden und braunen Sitzpolstern noch ein sehr funktionaler Ton das Design.
Diese doch recht schlichte Sachlichkeit zog Menschen an, die sich – vorsichtig gesagt – damit nicht abfinden wollten: Der Innenbereich der Züge wurde Opfer von Graffiti und Kritzeleien. Ein „verkehrswerbendes Aussehen der Bauteile“ (Zitat der S-Bahn aus einem Kundenschreiben von 1998) war so nicht mehr gegeben.
Die Zwischenlösung
Um derartigen Schmierereien entgegenzuwirken bzw. eine spätere Reinigung zu erleichtern, wurden ab Ende 1998 nachträglich glatte Folien auf verschiedene Innenbauteile angebracht. Doch so richtig zufrieden war man mit dem schlichten Muster dieser Folien nicht.
Eine S-Bahn in rosa-pastell
Also wurde in Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule ein neues Design entwickelt, das Kritzeleien durch sein farbenfrohes Wimmel-Muster weniger Angriffsfläche bot und gleichzeitig den Tourismusort Berlin in den Vordergrund stellen sollte.
Wer eine dieser neu gestalteten S-Bahnen zum ersten Mal betrat, dem fiel zuerst eine völlig neue, in rosa-pastellartig gehende Gesamtatmosphäre auf, deren Farben von einem neuen, ebenfalls bewusst bunt und wimmelartig gestalteten Sitzmuster aufgenommen wurden.
Ganz Berlin in einer S-Bahn
Bei genauerer Betrachtung wurde deutlich, dass sich das neue Folien-Design aus unzähligen Miniatur-Sehenswürdigkeiten zusammensetzt: Der Fernsehturm am Alexanderplatz findet sich hier direkt neben dem Reichstag wieder; das Rote Rathaus neben dem Brandenburger Tor; der Berliner Dom und die Gedächtniskirche komplettieren den Reigen. Und weil wir uns in der S-Bahn befinden, darf natürlich auch das bekannte S-Bahnsymbol inmitten der berühmten Bauwerke nicht fehlen.
Der Ruhestand ist nah
Heute, fast ein Vierteljahrhundert später, hat sich das Rad der Zeit freilich weitergedreht. Die Baureihe 485 wird bald* in ihren wohlverdienten Ruhestand geschickt – aber einige wenige Wagen mit der besonderen Berlin-Innenbeklebung haben die Zeit überdauert (auch wenn das Sitzmuster längst schon wieder ein anderes ist.) Vielleicht haben Sie ja Glück und erwischen einmal einen. Und nun kennen Sie auch seine Geschichte.
* vsl. Mitte April 2023 mit dem letzten Einsatz auf der S85, da die Strecken zur Zeit nach und nach auf das modernere ZBS (Was ist das?) umgestellt werden, mit dem diese Baureihe nicht nachgerüstet wird.