Wo die Promis ruhen: Berliner Friedhöfe, die man unbedingt gesehen haben sollte
Genug von Hektik und Lärm in der Großstadt? Dann ab zum nächsten Friedhof. Sie bieten mit Natur und prächtiger Grabkunst Oasen der Ruhe.
Dorotheenstädtischer Friedhof: Zigarren für Heiner Müller
Mitten in Mitte, unweit des S-Bahnhof Friedrichstraße, liegt der bekannteste der über 200 Berliner Friedhöfe, der Dorotheenstädtische Friedhof. 1762 angelegt und immer wieder vergrößert, entwickelte sich der insgesamt 17 000 Quadratmeter große Gottesacker insbesondere in der DDR-Zeit zur heute beliebtesten Ruhestätte für Promis. Die teils prächtigen Grabsteine und Gedenktafeln lesen sich wie das „Who is who“ der geistigen Elite Deutschlands. Nirgendwo sonst geben sich so viele berühmte Persönlichkeiten unterschiedlicher Epochen ein Stelldichein.
Die Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Johann Gottlieb Fichte und Herbert Marcuse liegen hier begraben, die Schriftsteller Heinrich und Thomas Mann, Bertolt Brecht, Arnold Zweig und Anna Seghers. Auch der Baumeister Karl Friedrich Schinkel, der Künstlers John Heartfield, die Schauspielerin Helene Weigel und der Dramatiker Heiner Müller fanden hier ihre letzte Ruhe. Sein Grab solltet ihr besuchen: An der schlichten Stele legen Fans des 1995 verstorbenen Hornbrillenträgers bis heute statt Blumen Zigarren ab. Müller war zeitlebens passionierter Raucher.
Und sonst? Im früheren Totengräberhäuschen lässt sich gut einkehren: Freitag bis Sonntag ab 12 Uhr gibt es im „Café Doro“ unter anderem hausgemachten Kuchen und Quiche.
Dorotheenstädtischer Friedhof
Künstlerfriedhof Friedenau: Vergessene Dichter und Weltstars
Der Dorotheenstädtische Friedhof mag wegen seiner hohen Promidichte berühmt sein, als Künstlerfriedhof ist unter Berlinern aber der Friedhof in der Stubenrauchstraße bekannt, wenige Minuten entfernt vom S-Bahnhof Bundesplatz. Hier lebten und leben viele Künstler, darunter Schriftsteller wie Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Günther Grass und Uwe Johnson sowie die Friedensnobelpreisträgerin Herta Müller. Kein Wunder, dass Friedenau seit jeher der Ruf vorausseilt, ein Ort der Kunstschaffenden zu sein. Das gilt auch für den 1881 Friedhof.
Klein und beschaulich, eignet er sich perfekt für eine Entdeckungstour: Hier stoßt ihr sogar auf Gräber von heute beinahe vergessenen Malern, Bildhauern und Musikern – von Jeanne Mammen, Dinah Nelken, Paul Zech und dem italienischen Opernkomponisten Ferruccio Busoni etwa. Zwei Weltstars – beide geborene Berliner – haben hier Ehrengräber bekommen: der Starfotograf Helmut Newton und die Filmdiva Marlene Dietrich.
Künstlerfriedhof Friedenau
Waldfriedhof Zehlendorf: Wo die Knef unter Kiefern ruht
Er liegt abseits des Hauptstadtrummels, dennoch gehört der Waldfriedhof Zehlendorf, den ihr vom S-Bahnhof Mexikoplatz aus am besten mit dem Bus 118 erreicht, zu den bekanntesten Promifriedhöfen Berlins. Anders als der Dorotheenstädtische Friedhof beeindruckt der Waldfriedhof nicht mit Prachtmausoleen oder imposanten Grabsteinen. Stattdessen ist hier vornehme Schlichtheit angesagt. Das Besondere des erst nach dem Zweiten Weltkrieg gestalteten Friedhofs ist die lichte und leicht hügelige Kiefernwaldlandschaft. Der Übergang zwischen Grab- und Waldflächen ist fließend.
Wer hier einen Rundgang plant, solltet Ausdauer mitbringen: Der Friedhof erstreckt sich insgesamt über 375 000 Quadratmeter. Etwa 40 000 Menschen sind hier seit seiner Eröffnung bestattet worden: Darunter sind etliche Politiker wie der Alt-Bundespräsident Walter Scheel, der ehemalige Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter und Jakob Kaiser, Reichstagsabgeordneter und Widerstandskämpfer, später Mitbegründer der CDU und von 1949 bis 1957 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen. Der frühere Bundeskanzler Willy Brandt wurde ebenfalls auf dem Waldfriedhof Zehlendorf bestattet. Das Grab des 1992 verstorbenen Friedensnobelpreisträgers und langjährige SPD-Parteivorsitzende ist betont einfach und schnörkellos gehalten: Nur ein Stein mit seinem Namen und zwei Blumenschalen daneben schmücken es. Neben Politprominenz fanden hier aber auch viele Künstler ihre letzte Ruhe, so etwa die Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef und ihr Schauspielkollege und Kabarettist Günter Pfitzmann.
Waldfriedhof Zehlendorf
Jüdischer Friedhof Weißensee: Von Künstlern und Kaufmännern
Mit rund 420.000 Quadratmeter Fläche ist der Jüdische Friedhof in Weißensee, nur drei Tramhaltestellen vom S-Bahnhof Greifswalder Straße entfernt, der größte erhaltene jüdische Friedhof Europas – und ein einzigartiges Kulturdenkmal in Berlin: Nirgends sonst spiegelt sich die Blüte der jüdischen Gemeinde in der Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik bis zum Holocaust so wider. Fast unbeschadet von zwei Weltkriegen blieben sie erhalten.
Seit seiner Einweihung 1881 wurden bis heute rund 116.000 Menschen hier bestattet. Entdecken könnt ihr auf einem Rundgang durch Alleen und weitverzweigte Wege sogar einige Grabmale, die bekannte Architekten wie Mies van der Rohe oder Walter Gropius gestaltet haben. Unter den bis heute rund 116 000 Bestatteten befinden sich etwa der Journalist Theodor Wolff, der Schriftsteller Stefan Heym sowie der Verleger Samuel Fischer. Auch der Maler Lesser Ury und die Gründer der Warenhäuser Hertie und KaDeWe, Hermann Tietz und Adolf Jandorf, wurden hier begraben. Spannend: 2004 drehte der Regisseur Dani Levy hier Szenen für den Spielfilm „Alles auf Zucker“ mit Henry Hübchen.
Gleichzeitig erinnert der Friedhof mit einer zentralen Gedenkanlage an die sechs Millionen Opfer der Shoa. Ein Urnenfeld beherbergt Asche der in den Konzentrationslagern Ermordeten, und auch rund 90 der während der Pogromnacht 1938 geschändeten Thorarollen liegen hier begraben.
Am Shabbat (Samstag) und an Feiertagen ist der Friedhof geschlossen. Männliche Besucher müssen während des Besuchs eine Kopfbedeckung tragen; eine traditionelle jüdische Kippa verleiht die Friedhofsverwaltung kostenlos.
Jüdischer Friedhof Weißensee
Friedhöfe Mehringdamm: Auf einen Schluck mit E.T.A. Hoffmann
Die Friedhöfe vor dem Halleschen Tor in Kreuzberg sind die ältesten Gottesacker Berlins: 1735 zunächst als Begräbnisstätte für die Armen vor den Toren der Stadt angelegt und mehrfach erweitert, gehören die Kirchhöfe heute zu den bemerkenswertesten der Stadt. Gut erreichbar vom S-Bahnhof Friedrichstraße aus mit den U-Bahnlinien 6 und 7, eignet sich die rund 55.000 Quadratmeter großen Anlage perfekt für einen kleinen Streifzug. Zwischen verwitterten Mauern, Engelsfiguren und efeubewachsenen Kreuzen könnt ihr viel entdecken – darunter die Gräber von vielen bekannten Namen: Die Schriftstellerin und Salonniere Rahel Varnhagen etwa hat hier ein Ehrengrab, auch der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy und seine Schwester, die Pianistin Fanny Hensel, wurden hier bestattet.
Das wohl bekannteste Grab gehört dem bedeutenden Schriftsteller E.T.A. Hoffmann. Eigentlich hieß er Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann, den dritten Vornamen jedoch ersetzte er kurzerhand durch Amadeus – Hoffmann war ein glühender Fan Mozarts. Der Grabstein aber ist korrekt beschriftet, einen E.T.A. werdet ihr vergebens suchen. Wer am 24. Januar kommt, dem Geburtstag des Schriftstellers, kann vielleicht einer besonderen Zeremonie erleben: Dann sollen sich Anhänger angeblich an seinem Grab versammeln und ein Glas Sekt trinken.